Lehren aus dem Informationskrieg

Bernhard Pörksen

Summary
Die Invasion in die Ukraine hat eine nie dagewesene Konfrontation von militärischer Gewalt und medialer Macht ausgelöst, ein Gegeneinander von Diktator und Schwarm. Die Leitfrage: Wie lassen sich Informationskontrolle und Propaganda-Narrative rechtzeitig und effektiv brechen? Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen entwickelt Vorschläge.
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Es gibt im Moment zwei miteinander rivalisierende Parallelwirklichkeiten, die unsere Wahrnehmung bestimmen. Da ist zum einen die erste Wirklichkeit des Krieges, angesiedelt in der analogen Welt. Hier regiert die militärische Gewalt Putins; hier werden ukrainische Zivilistinnen und Zivilisten eingekesselt, bombardiert und getötet. In der zweiten Wirklichkeit der Netzkommunikation stellen sich die Kräfteverhältnisse jedoch nach den ersten Wochen dieses entsetzlichen Angriffs anders dar. Hier offenbart sich die neuartige Macht von „Konnektiven“, von Organisationen ohne Organisation, die mit Hilfe der digitalen Medien und durch das Teilen von Wissen entstehen. Die Leitfrage, die der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen in seinem Vortrag untersucht, lautet: Wie lassen sich Informationskontrolle und Propaganda-Narrative rechtzeitig und effektiv brechen, wie kann die Aufklärung über die Schrecken des Krieges unter maximal erschwerten Bedingungen doch noch gelingen? Pörksen demonstriert an ausgesuchten Fallbeispielen die Relevanz kommunikationspsychologischen Wissens, um Propaganda-Gebäude zum Einsturz zu bringen. Er führt vor, dass in der voraus schauenden, proaktiven Entwertung und Demontage von Desinformation eine Chance besteht – und entwickelt die Idee einer „futuristischen Krisenkommunikation“. Und er macht deutlich, wie zentral „nachhaltige Aufmerksamkeit“ sowie Medienbildung und Medienmündigkeit unter vernetzten Bedingungen sind. 

Ein Foto von Bernhard Pörksen
Professor für Medienwissenschaft