re:publica 25
26th-28th May 2025
STATION Berlin
Dr. Vera Klocke, Freya Herrmann, Jasper Landmann
Inszenierungen von CASH sind in den sozialen Medien allgegenwärtig. "Finanz Coaches” schalten ihre Werbe-Videos vor Youtube-Videos, während TikTok-Nutzer:innen ihr Bargeld in der Kategorie “Money Stacking” organisieren. Hinzu kommen Accounts, die sich ausschließlich mit dem Gehalt, Outfit- und Mietkosten von Personen beschäftigen, die sie an Straßenkreuzungen ansprechen.
Über Geld sprechen, das war lange Zeit verpönt. In diesen relativ neuen Inszenierungen von Geld und Kapital, die sich aktuell in den sozialen Medien abzeichnen, lässt sich zunächst einmal eine gegenläufige Beobachtung machen: Personen sprechen über Geld. Sie geben Ratschläge, kommunizieren Fremden auf den Cent genau ihre Mietkosten und beschreiben den Wert ihrer Sneaker. Mitzuteilen, wie viel Geld genau verdient wird, ob man Wohnraum mietet, oder besitzt und woher die eigene Kleidung stammt, wird hier als Möglichkeit der eigenen Erfolgsgeschichte, aber auch für eine Positionierung des Selbst im sozialen Raum genutzt. Dabei lassen sich auch gegenderte Dynamiken in der Inszenierung von CASH beobachten. Auf der einen Seite wird dem Kapital eine emanzipatorische Kraft zugeschrieben, auf der anderen Seite wird es genutzt, um eine Vormachtstellung zu beanspruchen.
Geld machen, das schwingt hier mit, kann man lernen. Zum Beispiel, indem man wiederum Geld für ein “Financial Coaching” oder eine “Financial Therapy” ausgibt, um in Zukunft noch klügere Anlagestrategien zu entwickeln und in bessere Immobilien zu investieren. “Arm sein” – das ist diesen Narrativen inhärent – ist zur Option geworden, gegen die man sich (im Sinne einer sozialen Mobilität) entscheiden kann. Das Individuum wird – in Angesicht der Angebote, die zwischen Coaching, Therapie und Drill Instruction changieren – in den Worten des Soziologen Uwe Bröckling, zu einem „unternehmerischen Selbst“, das sich einer „permanenten Selbstverbesserung“ hingibt (Bröckling 2007).
In dem Vortrag analysieren wir die Ästhetiken dieser Inszenierungen von Geld ausgehend von Bild- und Videomaterial, fragen aber auch nach den Weltanschauungen, die ihnen zugrunde liegen. Was ist die Besonderheit dieser neuen Welle von Geld-Inszenierungen und warum sind viele dieser Narrative, die die Selbstwirksamkeit des Individuums adressieren, im Kern so unpolitisch?