Die nackte Panik: Eine Welle von Overblocking rollt heran

Sebastian Meineck

Zusammenfassung
Das Nippel-Verbot auf Instagram war nur der Anfang. Im Namen des Jugendschutzes filtern Plattformen und Behörden das Internet nach Spuren von Nacktheit. Sogar altersgerechte Aufklärungs-Angebote und anatomische Darstellungen fallen dem neuen Prüdismus zum Opfer – und niemand scheint das zu kümmern.
Kurz-Vortrag
Deutsch
Conference

Google entfernt Journalismus über Pornoseiten aus den Suchergebnissen. DALL-E-3 will keine Bilder mit "weiblicher" oder "männlicher" Anatomie erzeugen. Jugendschutz-Filter stufen queere Info-Angebote als "nicht jugendfrei" ein. Die Medienaufsicht verlangt Bußgelder von Creator*innen, die sexy Bilder hochladen.

Beim Jugendschutz im Netz dominiert die nackte Panik. Es gilt das Motto: Lieber zu viel wegblocken als den Anschein zu erwecken, nicht genug zu tun. Neue EU-Gesetze könnten diese Entwicklung noch verschärfen. Unter die Räder kommen dabei Grundrechte wie Informationsfreiheit und Pressefreiheit, auf die auch Minderjährige Anspruch haben.

So entsteht im Netz ein neuer Prüdismus. Damit ist eine Entwicklung gemeint, die Nacktheit und Sexualität pauschal mit Gefahr verknüpft und großflächig aus der (digitalen) Öffentlichkeit verbannen möchte. Der Prüdismus ist das Ergebnis von Tabus, technischen Scheinlösungen und einem Mangel an Fürsorge. Algorithmen, KIs und Filter können das Internet nicht sicher machen. Um Inhalte zu moderieren und um Jugendliche für den Umgang mit Sexualität und Nacktheit zu rüsten, braucht es menschliche Zuwendung.