Hören, was (auch) ist

Ellen Heinrichs

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Zusammenfassung
In diesem Talk soll es darum gehen, was Journalist*innen von der Mediation lernen können, und warum das gerade in krisenhaften Zeiten so wichtig ist: aktives Zuhören etwa, aber auch die Fähigkeit, sich mit Leuten zu unterhalten, deren Meinung man nicht teilt.
Vortrag
Deutsch
Conference

Immer erbitterter werden in Deutschland Diskussionen über den Umgang mit der Klimakrise und anderen gesellschaftlichen Herausforderungen geführt. Nicht selten gießen Journalist*innen dabei Öl ins Feuer, indem sie etwa Positionen überspitzen und Debatten als Duelle inszenieren. Journalismus ist viel zu oft Teil des Problems - dabei könnte er auch Teil der Lösung sein!

Wie wäre es, wenn der journalistische Fokus nicht auf den Kontrahenten, sondern auf dem Publikum läge? Wenn es nicht um Sieg oder Niederlage, sondern um Verstehen und Mehrwert ginge? Wenn Moderatoren nicht Ringrichter*innen, sondern Vermittler*innen wären, die den Beteiligten und dem Publikum ein besseres Verständnis für unterschiedliche Positionen ermöglichen wollten? Wenn Journalist*innen nach Gemeinsamkeiten, statt ausschließlich nach Unterschieden suchten?

Journalismus hat das Potenzial, unserer Gesellschaft beim Verhandeln wichtiger Wege in die Zukunft zu helfen, indem Journalist*innen ihre professionellen Fähigkeiten dafür einsetzen, Fakten zu recherchieren, Kontext herzustellen und Menschen zusammenzubringen. Sie können der Kitt der Gesellschaft sein, anstatt zu ihrer Spaltung beizutragen. Was sie dazu benötigen, sind neue handwerkliche Fertigkeiten, die den traditionellen Werkzeugkasten ergänzen: Es geht um konstruktives Fragen und Zuhören.

Empathisches Zuhören und konstruktives Fragen und sind eine Kunst, werden aber in der journalistischen Ausbildung nicht gelehrt. Soll aber das Ziel der journalistischen Arbeit auch die Suche nach Gemeinsamkeiten und möglichen Lösungen sein, dann ist es sinnvoll, das journalistische Repertoire zu erweitern und ergänzen. Dazu ist es nicht nötig, das Rad neu zu erfinden, denn es gibt bereits Berufsgruppen, die viel Erfahrung im konstruktiven Umgang mit Konflikten haben. Therapeut*innen oder Mediatorinnen etwa unterhalten sich professionell mit Menschen, die tief in Streitigkeiten verstrickt sind. Ihr Ziel ist es nicht, Öl ins Feuer zu gießen, oder die Lager fein säuberlich nach Pro und Contra aufzuteilen. Stattdessen geht es ihnen darum, Konfliktparteien durch konstruktive und lösungsorientierte Fragetechniken dabei zu unterstützen, Konflikte selbständig zu lösen und neue Perspektiven einzunehmen. Der Journalismus kann davon lernen.

Portraitfoto von Ellen Heinrichs
CEO and Founder