Let’s go to Diskutopia – Ausweg aus der Desinformationskrise?

Tahireh Audrey Panahi

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Zusammenfassung
Gegen Desinformation geht die EU neue Wege, indem sie den Schutz des gesellschaftlichen Diskurses gesetzlich verankert. Doch können jene Rechtsakte zum verantwortungsvollen, konstruktiven Online-Diskurs beitragen? Wie können nächste Schritte aussehen? Eins steht fest: Besser ein EU „Diskutopia“ als das Nimmerland der Free-Speech-Absolutist*innen.
Vortrag
Deutsch
Conference

Diskutopia. Ein virtueller Ort, in dem konstruktive, verantwortungsvolle Diskurskultur Realität geworden ist; in dem Informationsintegrität und kommunikative Chancengleichheit herrschen. Der Zug dahin ist noch nicht abgefahren, die EU hat grade begonnen die Weichen zu stellen. 

Aktuell ist der Online-Diskurs regelrecht vergiftet. Eine der größten Gefahren geht dabei von Desinformation aus. Sie gefährdet den freien Meinungs- und Willensbildungsprozess, der Grundlage für das Demokratieprinzip und Kommunikationsgrundrechte ist. Die Legislative steht jedoch vor einem Dilemma, denn repressive Maßnahmen gegen Desinformation können die genannten Rechtsgüter ebenso beeinträchtigen. Auch die EU geht zuweilen mit scharfem Schwert gegen Desinformation vor, z.B. durch Sperrpflichten und Sendeverbote. Jedoch verfolgt die EU neuerdings einen ergänzenden Ansatz: Den Schutz des Online-Diskurses. Im zentralen Digitalrechtsakt der EU zur Plattformregulierung, dem Digital Services Act, wird der gesellschaftliche Diskurs als Schutzziel mehrfach erwähnt - wer nachzählt, kommt hier auf allein sieben Erwähnungen. So weit, so vielversprechend. Jedoch ist zu bedenken, dass unter „Diskurs“ allgemein gesellschaftliche Aushandlungsprozesse über Wissen, Deutungen und Problemlösungen verstanden werden. Es stellt sich also die Frage, inwiefern ein Schutz, oder gar eine Förderung dieser genuin gesellschaftlichen Prozesse durch das Instrumentarium des Rechts erfolgen sollte und wie diese - angesichts der Desinformationskrise -  effektiv gelingen kann. Dieser Vortrag behandelt die Frage, ob die aktuellen Digitalrechtsakte der EU ihre Versprechen halten können und wie der nächste regulatorische Schritt in Richtung „Diskutopia“ aussehen kann.

So viel sei vorab gesagt: durch das Nimmerland der Free-Speech-Absolutist*innen führt der Weg nach Diskutopia nicht. Nein, es geht perspektivisch um viel mehr: Die Weltgesellschaft braucht globale Diskursräume, die heute dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dienen und in Zukunft sogar die kommunikative Grundlage einer emergierenden Weltzivilisation sein können. Dies kann nur erreicht werden, indem wir heute die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Technikgestaltung schaffen, die den konstruktiven und verantwortungsvollen Diskurs optimal fördert.

Tahireh Audrey Panahi
Wissenschaftliche Mitarbeiterin