re:publica 25
26.-28. Mai 2025
STATION Berlin
Wenn wir von der entstehenden digitalen Gesellschaft sprechen, richtet sich unser Blick auf die großen Tech-Unternehmen des Silicon Valley. In meinem Vortrag möchte ich dem gegenüber die Rolle von Pioniergemeinschaften betrachten. Diese experimentieren mit digitalen Technologien und imaginieren „technische Lösungen“, in Teilen weit bevor sie von Unternehmen aufgegriffen werden. Beispiele sind die Quantified-Self-, Maker- und Biohacking-Bewegung oder Netzwerke wie die Hacks/Hackers. Deren Gemeinsamkeit ist, dass in ihnen Entwickler*innen, Tech-Journalist*innen, Angehörige von Zivilgesellschaft und Politik zusammenkommen. Immer wieder lassen sich Pioniergemeinschaften zum Silicon Valley zurück verfolgen und „transportieren“ so verschiedene Aspekte der kalifornischen Ideologie. Auch wenn sich Pioniergemeinschaften gerne als Graswurzelbewegung bezeichnen, bleiben es von einer Organisationselite kuratierte Gebilde, die weit weniger „neutral“ sind, als sie sich gerne darstellen.
Durch eine vergleichende Betrachtung möchte ich zeigen, wie Pioniergemeinschaften unsere Vorstellungen von digitalen Praktiken und kommunikativer AI prägen. Technikgetriebene Konzepte der „Regelung“ sozialer Probleme, von Herausforderungen öffentlicher Kommunikation und des gesellschaftlichen Zusammenhalts „sickern“ so in die Gesellschaft ein und werden zur Orientierung unternehmerischer und politischer Projekte, ohne dass die mit ihnen verbundenen gesellschaftlichen Grundannahmen kritisch hinterfragt werden. Genau dies müsste man aber tun, wenn man sich offen die Frage stellen möchte: Wie wollen wir unsere digitale Gesellschaft gestalten?
Mein Vortrag basiert auf mehreren Forschungsprojekten, die sich mit Pioniergemeinschaften und Pionierjournalismus befassen. Datengrundlage sind Interviews, die in Deutschland, Großbritannien und den USA geführt wurden, Netzwerkanalysen, Beobachtungen von Events und die Analyse von Schlüsseltexten der Pioniergemeinschaften.