#rp24-Sprecherin Carolin Emcke: Queer Leben – die Freiheit, die wir meinen

29.01.2024 - Die Situation queerer Menschen verschlechtert sich weltweit – doch wer setzt etwas dagegen, wer kümmert sich? Eine Keynote der Publizistin Carolin Emcke.
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Carolin Emcke trägt eine grüne Jacke und kurze Haare. Sie steht vor einer Wand.
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Andreas Labes

Wir erleben derzeit einen Backlash: Die Zahl der Übergriffe und Gewalt gegen queere Menschen nimmt seit einigen Jahren zu. Sie erfahren weltweit Marginalisierung, Diskriminierung und Stigmatisierung. Carolin Emcke erzählt bereits in ihrem 2012 erschienenen Buch „Wie wir begehren“ von einem homosexuellen Coming-out, aber auch von der sozialen Ausgrenzung derer, die abseits gesellschaftlicher Normen leben und lieben. Was dies bedeutet, weiß sie aus eigener Erfahrung – schließlich handelt der so persönliche wie analytische Text vom Suchen und allmählichen Entdecken des eigenen, etwas anderen Begehrens.

Knapp zehn Jahre später wird der öffentliche Diskurs um Queers aufgrund einer gezielten Kampagne global vernetzter Akteure immer toxischer. Laut eines Berichts des European Digital Media Observatory sind LGBTQIA+* eine der am stärksten von Fehl- und Desinformation betroffenen Personengruppen. Wenn eine gesellschaftliche Solidarisierung mit der queeren Community ausbleibt, werden Hater sich weiterhin bestärkt fühlen. Queer sein ist keine Entscheidung – queerfeindlich zu sein schon. Mit ihrer Rede auf der re:publica 24 möchte die Publizistin diese Entwicklung nicht unbeantwortet lassen und den extremen Anfeindungen und der Verletzung von Menschenrechten entgegentreten. Denn es betrifft uns alle, wenn die Freiheit, abseits gesellschaftlicher Normen zu leben und zu lieben, angegriffen wird!

Carolin studierte Philosophie und promovierte über den Begriff „Kollektiver Identitäten“. Sie arbeitete von 1999 bis 2014 als internationale Reporterin mit Fokus auf Menschenrechten und Krisenregionen und berichtete u.a. aus dem Kosovo, Afghanistan, Irak, Gaza, Kolumbien und Haiti. Seit 2014 ist sie als freie Publizistin tätig. In ihren Büchern, Essays, Kolumnen, aber auch künstlerischen Interventionen befasst sie sich mit den Themen Gewalt und Trauma, Demokratiefeindlichkeit und Rassismus, Sexualität und Begehren. Ihre Bücher wurden weltweit in über 10 Sprachen veröffentlicht, darunter „Gegen den Hass“ und „Weil es sagbar ist“. Seit 20 Jahren kuratiert und moderiert Carolin Emcke den „Streitraum“ an der Schaubühne Berlin, seit 2023 den Podcast „In aller Ruhe“. In ihrem neuen Buch „Was wahr ist“, das Ende Februar erscheinen wird, fragt Carolin Emcke nach dem Verhältnis von Gewalt und Klima sowie nach der Ethik des Erzählens. Es ist ein Plädoyer für das Denken in Utopien. Sie wurde u.a. mit dem „Friedenspreis des Deutschen Buchhandels“, dem „Johann Heinrich Merck“-Preis für Essayistik, dem „Soul of Stonewall Preis" und dem „Carl-von-Ossietzky-Preis für Zeitgeschichte und Politik“ ausgezeichnet.

Die #rp17 eröffnete Carolin mit einer Reflexion über Liebe und Empathie. Auf der #rp22 diskutierte sie mit dem Klimaökonom Ottmar Edenhofer über die Herausforderungen unserer Zeit, und wie wir ihnen begegnen können. In ihrer Session auf der #rp24 wird Carolin die Frage diskutieren: „Who cares about LGBTQIA+?“. Außerdem ist ein Gespräch zu ihrem neuen Buch geplant. Wir freuen uns sehr darüber, dass Carolin wieder dabei ist!

* LGBTQIA+ ist ein Sammelbegriff für lesbische, schwule, bisexuelle, trans, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen.