#rp24-Sprecherin Natasha A. Kelly: Über die afrozentrische digitale Revolution

26.02.2024 - Ob #BlackLivesMatter oder Afrofuturismus: Die Wissenschaftlerin, Autorin und Künstlerin spricht auf der #rp24 über die Digitalisierung aus afrozentrischer Perspektive.
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Natasha A. Kelly trägt kurze krause Haare, Ohrringe und lächelt in die Kamera
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Samia Rachel

Aus der antirassistischen Arbeit sind Internet und Digitalisierung inzwischen nicht mehr wegzudenken – Gruppen vernetzen und organisieren sich nicht nur auf der Straße, sondern online; Aktivist*innen filmen Protestaktionen und posten sie auf Instagram oder TikTok. Auf der re:publica 24 wird die Wissenschaftlerin und Künstlerin Natasha A. Kelly darüber sprechen, wie wichtig die digitale Revolution für Schwarze Communities war – und es immer noch ist.

Technik kann nicht nur unterdrücken, sondern auch empowern: In der Gegenwart zeigt sich die Bedeutung der Digitalisierung für Schwarze Communities besonders an #BlackLivesMatter – Social Media war hier von Anfang an zentraler Bestandteil der Strategie. Seit Mitte 2013 wird der Hashtag immer wieder dazu verwendet, rassistische Verhältnisse zu kritisieren: Je stärker er sich im digitalen Raum verbreitete, desto mehr Unterstützer*innen fand die gleichnamige soziale Bewegung.

Durch Technologien wie Machine Learning entstehen derzeit neue Ungerechtigkeiten und Bedrohungen – Stichwort „Racial Bias”. Wie geht es weiter? Natasha unternimmt mit uns einen Ausblick zwischen Afrofuturismus, der eine Zukunft imaginiert, in der Schwarze Personen frei sind und nicht mehr unterdrückt werden; und digitalem Aktivismus, wie den des internationalen Kollektivs „Black Speculative Arts Movement” (BSAM), das sie mitbegründete – eine globale Gemeinschaft von Schwarzen Intellektuellen und Künstler*innen, die durch ihre spekulative Vorstellungskraft eine integrative zukünftige Gesellschaft anstreben.

Natasha ist Gastprofessorin für Kulturwissenschaften im Studium Generale der Universität der Künste Berlin. Sie ist Kommunikationswissenschaftlerin und Soziologin, Autorin und Herausgeberin, Kuratorin und multimediale Künstlerin mit den Themenschwerpunkten Schwarze deutsche Geschichte, Schwarzer Feminismus und Afrofuturismus. Natasha hat an zahlreichen nationalen und internationalen Hochschulen gelehrt und geforscht, sie wurde u.a. als Max-Kade-Gastprofessorin für German Studies an die University of Rhodes Island (USA) und als Gastprofessorin für Medienwissenschaften an die Universität Tübingen berufen. Ihre künstlerischen Arbeiten wurden u.a. auf der Berlin Biennale, im Deutschen Historischen Museum und am Maxim-Gorki-Theater in Berlin gezeigt. Als Vorstandsvorsitzende des gemeinnützigen Vereins Black German Arts and Culture e.V. ist sie die künstlerische und wissenschaftliche Leiterin des ersten Instituts für Schwarze deutsche Kunst, Kultur und ihre Wissenschaften in Deutschland. Darüber hinaus ist sie Co-Direktorin des pan-europäischen Netzwerkes Black European Academic Network (BEAN).

Als Autorin und Herausgeberin mehrerer Bücher entwickelt sie ihre Ideen beständig weiter und fordert nicht nur soziale, sondern auch intersektionale Gerechtigkeit. Mit „Schwarzer Feminismus“ publizierte sie bereits 2019 erstmals Schwarze feministische Grundlagentexte in deutscher Übersetzung, 2021 veröffentlichte sie das Sachbuch „Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen!“. 2023 erschien „Schwarz. Deutsch. Weiblich. Warum Feminismus mehr als Geschlechtergerechtigkeit fordern muss“. Seit Februar 2024 ist die afrofuturistische Short Story „Juliana“ erhältlich.

Auf der #rp24 freuen wir uns auf Natashas inspirierende Einblicke in die digitale Revolution aus einer afrozentrischen Perspektive!

 

 

#WhoCares: Ein Interview mit Natasha A. Kelly.

Das Motto der re:publica 24 lautet „Who Cares?“. Um wen oder was kümmerst du dich gerade?

In den letzten Jahrzehnten habe ich für die Gesamtgesellschaft sehr viel antirassistische und antisexistische Aufklärungsarbeit geleistet. Das war streckenweise zermürbend und ermüdend. Seit einigen Jahren habe ich meinen Fokus verlagert und bin bemüht, mich um mich selbst, um meine Kernfamilie und meine Community zu kümmern – ganz nach dem Motto „Selfcare and Empowerment“.

Worum kümmern wir uns zu wenig als Gesellschaft?

Die Gesamtgesellschaft tut sich mit Veränderung noch immer sehr schwer. Es ist zwar ein Wille da, aber von alten Traditionen und Konventionen loslassen will sie nicht ganz richtig. Ich denke, dass viele Individuen wie auch Institutionen es schon verstanden haben, dass es einen sozialen Wandel geben muss, aber es fehlt oft der Mut und in den meisten Fällen auch das Know-How.

Gibt es eine Person, Bewegung oder Institution, die dich beeindruckt, da sie sich für etwas besonders einsetzt?

Ich bin von meinen politischen Vorgängerinnen wie der Schwarzen deutschen Dichterin May Ayim, der Schwarzen deutschen Historikerin Katharina Oguntoye und auch der Schwarzen deutschen Literaturwissenschaftlerin Marion Kraft stark beeinflusst und inspiriert. Durch ihre Schwarze feministische, antirassistische und intersektionale Arbeit, die sie in und seit den 1980er und 1990er Jahren geleistet haben und auch noch leisten, konnte ich meine eigene Schwarze deutsche Identität festigen, Schwarze deutsche Geschichte weiter aufspüren, mein Wissen erweitern und an die nachfolgenden Generationen weitergeben.